Interview mit Wolfgang Häring zu Woisch no – odr hasch des au scho vrgessa?
Herr Häring, Ihr Buch „Woisch no“ erscheint in Kürze im IFB Verlag Deutsche Sprache in zweiter ergänzter Auflage. Worauf kann sich der Leser freuen?
Trotz allem Gender-Unsinn darf ich hier erst einmal meine Leserinnen in besonderem Maße ansprechen, denn die waren es, von denen ich die meisten Reaktionen auf die erste Ausgabe hin erfahren habe, und das oft mit dem begeisterten Ausruf: „Ja, genau so war es!“ Auch in der zweiten Auflage sollen, bei allem humorvollen Lesevergnügen, solche persönlichen Erinnerungen an die Nachkriegszeit ausgelöst werden. Der Erfahrungshorizont ist natürlich der eines Buben in seinem kleinen Dorf auf der Schwäbischen Alb, gleichsam einer fast heilen Welt. Trotz schrecklichem Kriegsende, materieller und sozialer Not ging es uns Kindern in den meisten Fällen eigentlich gut, da es ja allen ähnlich ging. Und meine Leser dieser Generation werden sich an allen Ecken und Enden des Erzählens wiederfinden: „Ja, ja, so war es!“
Herr Häring, Sie sprechen hier einen historischen Kontext an, der vor allem die ältere Generation betrifft. Wird die Lektüre für Jüngere dann nicht eher langweilig sein?
Das hoffe ich natürlich nicht. Sicher ist das Buch keine nervensägende iPhone-Bilderwelt, aber es darf hier immer noch ein Spaß sein, sich das zu gönnen, was gerade die junge Generation unter keinen Umständen verlieren darf, nämlich die Freude am Lesen. Dazu ist ein Vergleich der Lebensumstände von heute mit der unserer Eltern- und Großeltern geradezu spannend. Ich habe immer noch das lautlachende Entdecken meiner Schüler vor Augen, wenn wir während eines Ausflugs in einem heimatlichen Freilichtmuseum immer wieder Alltagsgegenstände und Räumlichkeiten sahen, die trotz aller Kuriosität noch gar nicht so alt waren, wie sie oft schienen. Es war ja die Welt ihrer eigenen Familie vor wenige Jahrzehnten gewesen! Aber auch im Sinne einer neuen Nostalgiewelle des Bewahrens, eines wachsenden Bewusstseins für Nachhaltigkeit oder dem Schätzen alter Bauernhöfe als Feriendomizil für einen naturnahen Familienurlaub sehe ich Chancen für mein Buch. Ein Blick zurück kann, so gesehen, nicht nur heiter sein, er kann auch nachdenklich stimmen und dabei vielleicht sogar ein bisschen heilsam wirken, gerade auch für noch ganz junge Menschen in ihrer zumeist lauten, überreizten und oft seelenlosen Medien- und Ikea-Welt.
Sie nennen das Buch auch „eine Liebeserklärung an das Schwäbische“. Inwiefern ist Ihnen Ihre Mundart wichtig?
Ich hatte den Vorteil, in meinem Bergenweiler auf der Ostalb zweisprachig aufzuwachsen. Meine Mutter war mit ihrer Familie als Kriegsflüchtling in das Ihnen völlig unbekannte Schwabenland verschlagen worden. Von ihr bekam ich, nun natürlich als echte „Muttersprache“, ihr schönes Hochdeutsch vermittelt. Demgegenüber lernte ich, nun ebenso natürlich, die einheimische Mundart als ein für mich schließlich ebenso „schönes“ Schwäbisch von meinen einheimischen Großeltern, aber auch von den bäuerlichen Nachbarn und dann vor allem von den Freunden. Mit einigen von ihnen verbindet mich bis heute eine herzliche Freundschaft, nicht zuletzt wegen unseres gemeinsamen Dialekts, dem wir leider zunehmend mit Sorge begegnen. Denn tatsächlich „begegnet“ man diesem Dialekt mit seinen urigen und kraftvollen Eigenheiten in Reinkultur immer seltener. Wie überall sind auch in Bergenweiler die alteingesessenen Schwaben in der Minderheit ond d’Kender schwätzat heit älle Hochdeutsch oder glei a halbs Denglisch. Ma kennt grad greina. Naja oder onnaweag, gerade deshalb habe ich oft mit diebischem Schmunzeln ein kraftvolles Urschwäbisch von meiner Ostalb eingestreut. Hoffentlich auch zum gelegentlichen Schmunzeln meiner Leser. Ond wenn amol a Preiß schimpfa dät: „Was ist schlimmer als Pest und Cholera? Es ist das Schwäbisch von der Alb ra“, na glaubats deam bloß et!
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Buch kann hier erworben werden.