Ein Autor im Gespräch: Wolfgang Häring

von | 17. August 2023 | Neuigkeiten

Interview mit Wolfgang Häring zu „Beziehungsweise“

Herr Häring, Sie mögen die deutsche Sprache und haben nun schon Ihr drittes Buch im IFB Verlag Deutsche Sprache herausgebracht. Dieses Mal handelt es sich um Liebesgedichte.

Ja, ich liebe natürlich die deutsche Sprache und pflege sie, wann und wo auch immer. Diese Liebe kann gerade in einem Gedicht besonders gut ihren Ausdruck finden, und erst recht, wer wollte daran zweifeln, im Liebesgedicht. Hier sollten zum Beispiel ungewollte Irritationen sprachlich vermieden werden, wenn Bezüge nicht stimmen oder ein falscher Ton die Ernsthaftigkeit des Gesagten der Lächerlichkeit preisgibt. Auch die gewählten Bilder der Sprache müssen stimmen. Wenn zudem ein passender Rhythmus gefunden wird, fehlt nur noch eine schöne Sprachmelodie, um ein Gedicht einfach so mal zu genießen, auch ein Liebesgedicht.

Das ist aber heutzutage für viele Leser gar nicht mehr so einfach.

Da haben Sie leider recht. Doch gerade bei Gedichten darf sich die Stirne des Lesers ruhig mal in Falten legen, wenn einem auf den ersten Blick hin nicht alles sonnenklar erscheinen will. Und dann sollte man innehalten – was heutigen Schnell-Lesern in der gewohnten Hetze des Alltags schwerfällt – um nachzudenken und einige Zeilen vielleicht noch einmal zu lesen. Gedichte darf man nicht hastig verschlingen, sie sind mehr als eine Kurzmitteilung im Netz. Dort werden täglich Verkürzungen genutzt – leider meist ganz hässliche – nur um Zeit zu sparen. Bei der verdichteten Sprache der Lyrik ist das anders, hier muss man sich nach dem ersten Überfliegen der kurzen Texte die ersparte Zeit zum Nachhaken, zum Nachdenken gönnen. Kunstvolle Verkürzungen sind ja eine Eigenart von Gedichten. Stirnrunzeln darüber, und nicht nur über diese Formalie, sollte dem Leser dann Anlass dafür sein, sich mit dem Rätselhaften auseinander zu setzen. Und das darf dann auch mal richtig Spaß machen. Wenn die Lyrik zum Innehalten einlädt, zum Nachdenken über sich und die Welt, hier auch mal über zuweilen verschämt empfundene Gefühle der Liebe, dann sind es vor allem die kleinen Sprachkunstwerke, die schnell Kopf und Herz des Lesers erreichen.

Sie setzen die Sprache sehr vielfältig ein, mit dem ersten Buch führten Sie ihren Leser in die Welt der bäuerlichen Schwaben in der Nachkriegszeit, im zweiten nahmen Sie ihn mit auf einen literarischen Spaziergang durch den verwilderten Garten unserer Kulturgeschichte und nun verführen Sie ihn gleichsam mit Liebesgedichten. Wie schaffen Sie diesen Spagat?

Ich habe eine Freude daran, Leser zu finden und zu erreichen, auch aus ganz unterschiedlichen Gründen: Zum einen wollte ich erinnern an die besonders ärmlichen Zeiten auf der Schwäbischen Alb nach dem Krieg, und dabei hatte ich meinen Spaß, auch mal mit meiner kraftvollen Mundart des Schwäbischen direkt „vo dr Alb ra“ zu spielen.

Beim Schreiben meines zweiten Buches hatte ich eher die Generationen meiner Schüler vor Augen, wenn sie nach der Schule, abgelenkt von Beruf, Familie und Mediengezappel, die großen Themen humanistischer Bildung aus den Augen verlieren.

Und wer könnte schließlich meine Liebesgedichte „liebevoll“ schätzen lernen? Da denke ich an empfindsame Leserinnen und Leser und stelle mir vor, wie sie mit Ernsthaftigkeit und stillem Humor das Erleben von „Liebe“ genießen, das gilt natürlich vor allem für solche, denen das Gefühl großer und kleiner Verliebtheit nicht ganz abhandengekommen ist.

Ihre Gedichte sind gut verständlich und folgen einem eher klassischen Reimschema. Scheuen Sie sich vor radikalen Stilbrüchen, gerade was Ihre Liebeslyrik betrifft?

Das ist keine Scheu, das ist ganz bewusste Abwendung von sprachlich extremer Experimentalkunst, der ich nur geringe Kommunikationskompetenz unterstelle. Provokation, Rätselraten und völlige Irritation des Empfängers allein reichen mir nicht. Leser müssen meiner Ansicht nach in ihren Gedanken, ihren Erfahrungen und vor allem in ihren Gefühlen erreicht und gleichsam „mitgenommen“ werden. Ansonsten bleibt moderne Kunst, eben auch die der Sprache, inhaltsleer und oberflächliche Zurschaustellung des Ungewöhnlichen. Wer daran seine Freude hat, bitte, wir leben in einem einzigartigen und wundervollen System fast unbeschränkter künstlerischer Freiheit. Zurechtfinden darf und muss sich jeder darin. Die Freiheiten, die ich mir genommen habe, diese Gedichte zu schreiben, liegen zum Beispiel schon im unüblichen Schriftbild und auf dem Verzicht traditioneller Verse und Strophen. Das gelegentliche Spiel mit sprachlichen Mitteln sollte nicht auf Kosten der Verständlichkeit gehen und das Klangbild darf durchaus als „schön“ empfunden werden. Gerade das unterscheidet meine Texte vom üblichen Stil provokativer Moderne, die ja in erster Linie auf Ästhetik und leichte Verständlichkeit verzichtet. Die Nachdenklichkeit, die ich mir wünsche, darf neben geistigen Anstößen gelegentlich auch Freude auslösen. Das wäre schon viel.

Das Buch kann hier bestellt werden.

Freude an SpracheN

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